Nachlese zum 92. Arbeitstreffen in Berlin
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Unser Grundsatz
Der Arbeitskreis respektiert die Rolle der Bundeswehr als Bestandteil der Verteidigung unserer demokratisch verfassten Gesellschaft auf der Basis des Grundgesetzes und des Völkerrechts.
Wir begleiten kritisch die Politik hinsichtlich des Auftrags der Streitkräfte, deren Bindung an Moral und Gesetze, die Umsetzung des Staatsbürgers in Uniform sowie nichtmilitärische Alternativen der Konfliktbewältigung.
Das 92. Arbeitstreffen des Arbeitskreises Darmstädter Signal vom 27.-29. März in Berlin war ein voller Erfolg. Die bis zu 45 Teilnehmer konnten sich zum Tagungsthema „Auftrag und innere Verfasstheit der Bundeswehr – Alternative Vorstellungen“ weiterbilden und mit den Referenten die Vorträge intensiv diskutieren.
Den Auftakt übernahm Dr. Heiko Biehl, Leiter des Forschungsbereichs Sozialwissenschaften am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, der die Teilnehmer mit den Ergebnissen mehrerer soziologischen Umfragen überraschte. Demnach wird die Bundeswehr in der Bevölkerung heute eher positiv wahrgenommen – solange sie sich nicht an Kampfeinsätzen beteiligt. Insgesamt ist die Zustimmung zur Bundeswehr sehr differenziert und steigt besonders bei humanitären Aktionen an. Von einem „freundlichen Desinteresse“, wie Bundespräsident a.D. Köhler die Einstellung der Bevölkerung zur Bundeswehr 2008 bezeichnete, kann inzwischen keine Rede mehr sein. Leider lagen die aktuellen Zahlen seit dem Beginn der Ukraine-Krise noch nicht vor.
Brigadegeneral a.D. Dr. Klaus Wittmann, Senior Fellow am Aspen Institut Deutschland, sprach zum Verteidigungsauftrag der Bundeswehr und rückte dabei im Zusammenhang mit der Krise in der und um die Ukraine zunehmende Bedrohungen durch Russland in den Vordergrund. Damit vollziehe sich ein Paradigmenwechsel für die Bundeswehr, der neue Anforderungen an sie stelle und die schlechte Materiallage der Bundeswehr zweifellos verbessern werde. Auch sprach er sich für Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Mit einem Verzicht auf Waffenlieferungen und Androhung militärischer Gewalt würde den Russen die Eskalationsdominanz auf einem silbernen Tablett serviert.
–> Wittmann: Genscher – NATO-Doppelbeschluss (2015)
–> EKD Friedendenkschrift: Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen
Prof. Dr. Wilfried Schreiber informierte über die neue Militärdoktrin der Russischen Föderation als eine traditionell defensive Konzeption, die zwischen Gefahren und unmittelbaren Bedrohungen unterscheide. Dabei werden einzelne Aktivitäten der NATO wie ihre Osterweiterung, das Heranrücken militärischer Infrastrukturen der NATO an die RF oder der geplante Raketenschutzschirm als Gefahren für Russland angesehen. Jedoch werde nicht die NATO als Ganzes als Gefahr eingestuft. Für Russland werde es erst dann bedrohlich, wenn militärische Gewalt oder Gewaltdemonstrationen in Grenznähe stattfinden. Prof. Schreiber wandte sich ausdrücklich gegen alle Auffassungen und Praktiken eines Wettbewerbs um die Eskalationsdominanz und sprach sich gegen die wechselseitige Anheizung des Konflikts sowie für einen schnellen Beginn von Gesprächen und Verhandlungen mit Russland aus.
–> Russische Föderation: Militärdoktrin, offizielle Übersetzung (2014)
–> Klein, Margarete: SWP-Aktuelle 2015/A 12, Februar 2014: Russlands neue Militärdoktrin–> Das Blättchen, Gabriele Muthesius: Muthesius_Militärdoktrin Russland: Defensiv und ziemlich gestrig
Die folgende Diskussion zwischen den beiden Referenten, bei der die unterschiedlichen Bedrohungsperzeptionen des Westen und Russlands im Vordergrund standen sowie die Fülle der anschließenden Fragen hätten sicherlich den gesamten Samstagnachmittag ausgefüllt, hätte nicht auch noch der spannende Vortrag von Oberstleutnant i. G. Dr. Detlef Buch, Vorsitzender Luftwaffe im Deutschen Bundeswehrverband, auf der Agenda gestanden. Er erläuterte vor allem die aktuellen Infrastrukturprobleme sowie Rüstungs- und Ausrüstungsprobleme der Bundeswehr und stellte das neue Artikelgesetz zur Attraktivitätssteigerung vor. Die Teilnehmer waren dabei besonders von der Offenheit seiner Präsentation der Bundeswehrprobleme beeindruckt.
Der Sonntagvormittag wurde durch eine streitbare und zugleich sehr sachliche Podiums-diskussion zum Thema der Arbeitstagung dominiert. Michael Vietz, MdB der CDU-Fraktion, Winfried Nachtwei MdB a.D. von Bündnis90/Die Grünen sowie Sevim Dagdelen, MdB der Fraktion DIE LINKE diskutierten dabei jeweils über ihre Vorstellungen zu „Auftrag und innere Verfasstheit der Bundeswehr“.
Das Darmstädter Signal verabschiedete abschließend noch die Pressemitteilung: „Bundeswehr: Weniger Aktiv. Mehr Attraktiv, Anders“ sowie einen Appell an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags zur Diskussion des „Weißbuchs 2016“.
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Veröffentlicht von mwengelke am Donnerstag, April 2nd, 2015 @ 10:02AM
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